Geschichte & Gegenwart

Die Sophienkirche war ein Sakralbau unweit des Zwingers und prägte über Jahrhunderte die Geschichte des Landes und der Stadt. Sie entstand als Kirche des Franziskanerklosters und war zum Zeitpunkt ihres Abbruchs die einzige in ihrer Grundsubstanz erhaltene gotische Kirche der Stadt Dresden.

Am Anfang war ein Kloster

Wo heute links und rechts der neu erstandenen Busmann-Kapelle Geschäftshäuser und Gaststätten stehen, lagen über Jahrhunderte die „Kleine“ und „Große Brüdergasse“. Deren Name verweist auf die Anfänge der Sophienkirch-Geschichte: das Kloster der Franziskaner, das man auch „Barfüßerkloster“ nannte.

Am Anfang war ein Kloster

Wo heute links und rechts der neu erstandenen Busmann-Kapelle Geschäftshäuser und Gaststätten stehen, lagen über Jahrhunderte die „Kleine“ und „Große Brüdergasse“. Deren Namen verweisen auf die Anfänge der Sophienkirch-Geschichte: das Kloster der Franziskaner, das man auch „Barfüßerkloster“ nannte. Dies war eine Stiftung des Meißner Markgrafen Heinrich des Erlauchten in den Jahren zwischen 1240 und 1265. Urkundlich erwähnt wurde das Kloster erstmals 1272 als „domu[s] minorum fratrum“. Als „Orden der Minderen Brüder“ hatte Franz von Assisi 1209 eine erste Gemeinschaft von Mönchen gegründet, die 1210 vom Papst anerkannt worden war. Erstaunlich ist, wie schnell sich der Bettelorden in Europa verbreitete. Der offizielle Verzicht der Franziskaner auf Macht, Besitz, politischen Einfluss und sozialen Aufstieg machte die neue Ordensgemeinschaft attraktiv. Vor allem ihre Arbeit für soziale Randgruppen in der Gesellschaft, für Bettler, Kranke, Aussätzige, fand großen Anklang. Schließlich aber waren Klöster auch Wirtschaftsfaktoren und Teil der caritativen Infrastruktur der stetig wachsenden mittelalterlichen Städte. Adelige und städtische Eliten förderten folglich deren Gründung und Erweiterung in ihren Territorien. Bereits 1321 erweiterte Markgraf Friedrich I. die Dresdner Gründung. Friedrich III. stiftete schließlich, in Erweiterung der ursprünglich romanischen Kirche, 1351 eine neue zweischiffige gotische Hallenkirche mit Doppelchor. Sie blieb der bauliche Kern der späteren Sophienkirche. Ab 1410 verwaltete der Rat der Stadt die Klostereinkünfte, die auch durch die Stiftungen einzelner Bürgerfamilien anwuchsen. Um 1400 baute die wohlhabende und einflussreiche Familie Busmann am südlichen Chor der Kirche eine etwa fünf Meter breite und acht Meter lange Kapelle an, die ihr künftig als Begräbnisstätte diente. Lorenz Busmann d. Ä. (+ 1406) war Ratsherr und viermal Bürgermeister der Stadt (1392, 1400, 1403, 1406). Die Konsolfiguren des Stifters und seiner Frau sind die frühesten bildlichen Porträts von Dresdner Bürgern. Busmann, aber auch andere männliche Mitglieder der Familie, wurden in der Tracht der Minoriten beerdigt. Die Vereinigung von Klosterbrüdern und Laien, letztere oftmals Angehörige städtischer Oberschichten, zu „Bruderschaften“ mit sozialem Engagement war eine typische Erscheinung der mittelalterlichen Gesellschaft. Bemerkenswert war nicht nur die reiche architektonische Ausgestaltung der Kapelle durch Fenster mit farbiger Verglasung und Konsolsteinen, die wahrscheinlich ursprünglich Heiligenfiguren trugen, sondern vor allem auch ihr Altar, der in Form eines Heiligen Grabes ausgeführt war. Diese Bildform ist charakteristisch für Begräbniskirchen und -kapellen, verheißt doch der tote Christus durch seine Auferstehung gläubigen Christen die Erlösung von Sünden und das „ewige Leben“.

Reformation: Ende und Auferstehung einer Kirche

Unter Herzog Heinrich dem Frommen wurde 1539 die Reformation im albertinischen Sachsen eingeführt. Die Klöster wurden aufgelöst, Kirchengüter eingezogen. Das zu diesem Zeitpunkt nur noch kleine Dresdner Kloster fiel an den Herzog. Kurfürst Moritz richtete drei Jahre später in der Sakristei der Kirche ein „Zeughaus“ (Waffenkammer) ein. – Die nachreformatorischen …

Reformation

Unter Herzog Heinrich dem Frommen wurde 1539 die Reformation im albertinischen Sachsen eingeführt. Die Klöster wurden aufgelöst, Kirchengüter eingezogen. Das zu diesem Zeitpunkt nur noch kleine Dresdner Kloster fiel an den Herzog. Kurfürst Moritz richtete drei Jahre später in der Sakristei der Kirche ein „Zeughaus“ (Waffenkammer) ein. – Die nachreformatorischen Glaubenskriege zwischen Katholiken und Protestanten endeten 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden. Durch dessen Kompromissformel „cuius regio, eius religio“ („wessen Herrschaft, dessen Religion“) wurden durch den Kaiser das konfessionell differenzierte „Heilige Römische Reich deutscher Nation“ und das Bündnis von „Thron und Altar“ auch in protestantischen Landen sanktioniert.

Ab Anfang der 1560er Jahre nutzte der Hof die ehemaligen Klostergebäude zur Lagerung von Salz, Getreide und anderen Lebensmitteln. Auch das kurfürstliche Brauhaus befand sich dort. Dazu kamen Pferdeställe und Kutscherwohnungen.

Als die Kreuzkirche und die alte Frauenkirche als Predigtkirchen und Begräbnisorte nicht mehr ausreichten, nahm man die Gottesdienste in der ehemaligen Klosterkirche wieder auf. Dazu waren umfangreiche Restaurierungen und Umgestaltungen notwendig.

Die regierende Kurfürstin Sophie von Brandenburg, Witwe des Kurfürsten Christian I., entsprach einem entsprechenden Antrag des Rates der Stadt und wurde zur wichtigsten Stifterin des wieder genutzten Gotteshauses. Dies zu würdigen, wurde es als „Kirche zu Sanct Sophien“ 1602 neu geweiht. Doch diese Namensgebung verweist auf die „Kardinaltugend“ der christlichen Weisheit (Sophia), die der Überlieferung nach von Gott geschenkt ist und die Gläubigen zur klugen und tugendhaften Lebensführung anhalten soll.

Die Gottesdienste, der nun evangelischen Hofgesellschaft, fanden weiterhin in der Schlosskapelle statt. 1603 ließ die Kurfürstin unter dem Altar der Sophienkirche eine fürstliche Begräbnisgruft anlegen, was den Ort weiter aufwertete. Außerdem stiftete die Regentin 1606 einen prachtvollen Renaissance-Altar, den Dresdner Künstler nach den Entwürfen des Schweizer Bildhauers Giovanni Maria Nosseni gestaltet hatten. Dieses Bildwerk war bis zu seiner Zerstörung 1945 der Hauptaltar der Sophienkirche. Seit 2002 steht er, umfassend restauriert, in der Kirche in Dresden-Loschwitz.

Die baulichen Veränderungen der Sophienkirche dauerten das gesamte 17. Jahrhundert lang an. So wurden eigene Emporen für Soldaten, Standespersonen sowie eine Empore für das Herrscherhaus eingebaut (1695/99). Dem Neubau einer Sakristei fiel der klösterliche Kreuzgang zum Opfer. Der Rat der Stadt gab schließlich auch den Bau einer neuen Orgel in Auftrag, die 1720 geweiht wurde. Sie ist eines der frühen Werke des berühmten Freiberger Orgelbaumeisters Gottfried Silbermann (1683-1753).

Einschneidender für die weitere Kirchengeschichte war, dass Kurfürst Friedrich August „der Starke“ europäische Großmachtpläne hegte und nach der polnischen Königskrone strebte, die er sich 1697 regelrecht erkaufte. Doch wer in Polen regiert, muss katholisch sein, weshalb er konvertierte. Sein Sohn, später ebenfalls König von Polen, wurde bereits katholisch erzogen. Innenpolitisch war die Konversion eine Ungeheuerlichkeit im protestantischen Sachsen. August der Starke musste den Landständen den Schutz des protestantischen Glaubens schriftlich garantieren. Bis zu seinem Tod 1733 fanden in der Schlosskapelle des katholischen Königs weiterhin evangelische Hofgottesdienste statt. 1737 wurde die Sophienkirche zur evangelischen Hofkirche erhoben.

Fortan schmückte den Westgiebel der Kirche das prachtvolle Renaissance-Portal der Schlosskapelle, die „Schöne Pforte“, die 1555/56 nach dem Entwurf von Juan Maria da Padua nach dem Vorbild römischer Triumphbögen geschaffen worden war. Das gesamte liturgische Gerät wurde in die neue Hof- und Hauptkirche des protestantischen Sachsen überführt. Altar und Taufstein fanden einen neuen Platz in der Busmannkapelle. Für die Glocken wurde an der Südseite von Johann Christoph Knöffel (1686-1752) ein neuer Glockenturm errichtet, von dem das Geläut 1737 zum ersten Mal erklang.

Die wachsende Stadt und die Sophienkirche im 19. Jahrhundert

Das stetige Wachstum der Residenzstadt ab 1800, immens beschleunigt durch die Industrialisierung Sachsens ab Mitte des 19. Jahrhunderts, führte in Dresden zu einem Kirchenbau-Boom. Zwischen 1778 und 1914 entstanden allein über 20 evangelisch-lutherische und vier katholische Neubauten, dazu die bikonfessionelle Garnisonkirche in der Albertstadt (1893–1900) …

Die wachsende Stadt und die Sophienkirche im 19. Jahrhundert

Das stetige Wachstum der Residenzstadt ab 1800, immens beschleunigt durch die Industrialisierung Sachsens ab Mitte des 19. Jahrhunderts, führte in Dresden zu einem Kirchenbau-Boom. Zwischen 1778 und 1914 entstanden allein über 20 evangelisch-lutherische und vier katholische Neubauten, dazu die bikonfessionelle Garnisonkirche in der Albertstadt (1893–1900) sowie in Hauptbahnhof-Nähe vier Kirchen für „Ausländer“-Gemeinden (1869–1884). Die Einwohnerzahl der Stadt wuchs von 62.000 (1800) auf 520.000 (1905) an; einzelne Kirchgemeinden besaßen damals nominell mehrere 10.000 Mitglieder.

Auch die Sophienkirche änderte im 19. Jahrhundert ihre Gestalt grundlegend. Schon der Bau des Zwingers (ab 1709) und die stetige Erweiterung des benachbarten Taschenberg-Palais (1718–1857) hatten um das Gotteshaus Freiflächen entstehen lassen, die ab 1811 mit dem Schleifen der Stadtbefestigung zum „Wilsdruffer-Thorplatz“ (ab 1865 Postplatz) geweitet wurden. Ab 1834 auch im Inneren vielfach um- und überformt, wurde die Sophienkirche zum innerstädtischen Blickfang aber erst durch ihre äußere, neugotische Umgestaltung in den Jahren 1864–68. Den beiden Schiffen wurden niedrige Seitenschiffe mit Strebebögen ohne statische Funktion angefügt und zwei 66 m hohe Türme mit Sandsteinmaßwerkspitzen vorgesetzt, so dass der Eindruck einer gotischen Basilika entstand.

Der ausführende Architekt Christian Friedrich Arnold, ein Schüler Gottfried Sempers, hatte sich in Dresden zuvor bereits einen Namen durch den neugotischen Bau der „Villa Souchay (1859–1861, heute: Schloss Eckberg) und den ebenfalls neugotischen Bau der berühmten „Kreuzschule“ (1864–1866) gemacht (1945 zerstört). – Die im architektonischen Kernbestand gotische Sophienkirche neugotisch zu überformen lag nahe. Wer damals in diesem Stil baute, legte auch ein Bekenntnis zur „deutschen Nation“ ab und spielte auf ein idealisiertes Mittelalter-Bild an, das in der Romantik eine seiner Wurzeln besaß.

Im Innern erhielt die Kirche im 19. Jahrhundert auch eine neugotische Kanzel und entsprechendes Gestühl. Wandbemalungen im „alten Stil“ der neuen Zeit kamen hinzu. Im Jahre 1910 ertüchtigte der in Dresden führende Architekt und Stadtbaurat Hans Erlwein (1872–1914) insbesondere die Fundamente und schuf als Ersatz für die alte Krypta unter dem Südchor eine neue, die nun wichtige Sarkophage aufnahm. Zum Reformationstag am 31. Oktober 1910 wurde die Kirche neu geweiht.

Von der Hofkirche zur Bischofskirche 1918-1945 – Kirche zwischen Anpassung, Versagen und Widerstand

Das stetige Wachstum der Residenzstadt ab 1800, immens beschleunigt durch die Industrialisierung Sachsens ab Mitte des 19. Jahrhunderts, führte in Dresden zu einem Kirchenbau-Boom. Zwischen 1778 und 1914 entstanden allein über 20 evangelisch-lutherische und vier katholische Neubauten, dazu die bi-konfessionelle Garnisonskirche in der Albertstadt.

Harald Bretschneider

Von der Hofkirche zur Bischofskirche 1918-1945 – Kirche zwischen Anpassung, Versagen und Widerstand

Die Trennung von Thron und Altar,

von Staat und Kirche, erfolgte im November 1918. Damit endete das Landesherrliche Kirchenregiment, und die Kirche war innerkirchlich zur institutionellen Neuordnung genötigt. Die „Evangelisch-Lutherische Landeskirche im Freistaat Sachsen“ gab sich eine Kirchenverfassung mit dem Landesbischof als geistlichem Leiter, dem Landeskirchenamt für die Verwaltung, der Landessynode als demokratisches Entscheidungsgremium und dem weitgehenden Selbstbestimmungsrecht der Kirchgemeinden. Sie wählte im Oktober 1922 den Leipziger Theologieprofessor Ludwig Ihmels zum Landesbischof, und die Sophienkirche wurde 1926 zur „Evangelisch-Lutherischen Domkirche“ erhoben.

Zunehmende Anpassung an den Zeitgeist der 20iger Jahre

Der von den Siegermächten des 1. Weltkrieges diktierte Vertrag von Versailles und die allgemeine Notsituation ließen eine „völkische Bewegung“ entstehen, die 1924 in Sachsen zur Forderung nach einem „Deutschen Christentum“ führte. 1931 gründeten sich in Chemnitz die Arbeitsgemeinschaft national-sozialistischer Pfarrer sowie die „Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC)“ als rassistische, antikommunistische, am Führerprinzip orientierte Strömungen des deutschen Protestantismus.

Versagen der Kirche durch Einmischung des Staates und durch Entfernung der jüdischen Wurzeln aus Bibel und Bekenntnis

Nach der Wahl Hitlers zum Reichskanzler am 31. Januar 1933 folgte mit dem Ermächtigungsgesetz die Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Organisationen, auch der Kirchen. Ziel war die Verbindung von Christentum und Nationalsozialismus, von Christenkreuz und Hakenkreuz.

Nach dem Tod von Landesbischof Ihmels im Juni 1933 übertrug der sächsische Innenminister Karl Fritsch mit der „Verordnung zur Behebung des Notstandes im kirchlichen Leben der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens“ die Befugnisse des Landesbischofs einem Wortführer der Deutschen Christen, Pfarrer Friedrich Coch, mittlerweile SA-Brigadeführer und NS-Gaufachberater. Er entließ sofort Pfarrer wegen ihrer „jüdischen Herkunft“ oder ihrer politischen Haltung sowie missliebige Superintendenten.

Beginnender Widerstand in der Kirche, die Bekennende Kirche und die Barmer Theologische Erklärung

218 Pfarrer verweigerten die Teilnahme am Gottesdienst in der Frauenkirche am 10. Dezember 1933, an dem sich Friedrich Coch als Landesbischof selbst einführte.

Dazu gehörte auch Domprediger Arndt von Kirchbach, der seit 1927 an der Sophienkirche als Pfarrer tätig war. Er hatte seine Offizierslaufbahn aufgegeben und sich entschieden Theologie zu studieren. Als Domprediger wirkte er durch die Echtheit seiner Lebens- und Glaubenserfahrung für die Erneuerung des kirchlichen Lebens. Mit Hugo Hahn, dem Superintendenten an der Frauenkirche, gründete er im September 1933 den sächsischen Pfarrernotbund. Anlass dafür war, dass der Landesbischof und das Landeskirchenamt das staatliche Beamtengesetz mit dem Arier-Paragraphen auf die Landeskirche übertragen hatten. Der Notbund vereinigte sich 1934 mit der gleichzeitig entstandenen „Gemeindebewegung Volkskirche“ zur „Bekennenden Kirche Sachsen“.

Bereits im Januar 1934 hatte ein „Maulkorberlass“ alle kirchenpolitischen Auseinandersetzungen und Stellungnahmen verboten. Dagegen protestierten zwölf Notbund-Pfarrer und dem Notbund nahestehende Christen. Sie wurden kurzzeitig verhaftet, auch Hahn und von Kirchbach. Beide wurden des Dienstes enthoben und zwangsbeurlaubt. Das bedeutete Predigtverbot in ihren Kirchen. Deshalb hielten sie Gottesdienste im Künstlerhaus bzw. im Vereinshaus des Christlichen Vereins junger Männer. Bibelstunden fanden in Privatwohnungen statt. Kirchgemeinden in ganz Sachsen unterstützten sie mit Predigten und Vorträgen. Sie versuchten bei den Konflikten mit der Kirchenleitung der Deutschen Christen zu helfen.

Als Vertreter der Bekennenden Kirche Sachsens nahmen Arndt von Kirchbach und Hugo Hahn an der 1. Bekenntnissynode in Barmen teil und arbeiteten an der „Barmer Theologischen Erklärung“ mit. Sie bekräftigte die universale Geltung der biblischen Botschaft des Alten und Neuen Testamentes gegen alle Verfälschungen durch die völkische Ideologie und die Anpassung an den politischen Totalitätsanspruch des Staates.

Zunehmende Distanz von Pfarrern und Gemeinden zum Nationalsozialismus

Bis 1935 veränderte sich die Einstellung zum Nationalsozialismus unter der Pfarrerschaft und in den Kirchgemeinden. Die Zahl der Pfarrer der Deutschen Christen verringerte sich von 400 auf 200. Etwa 800 Pfarrer gehörten zur kirchenpolitisch neutralen „Mitte“. Etwa 400 Pfarrer sympathisierten mit der Bekenntnisgemeinschaft.

Angesichts der Konflikte und der Zerrüttung der Kirche in Sachsen berief Reichskirchenminister Kerrl, im Kontext seiner Befriedungspolitik auf Reichsebene, einen Landeskirchen-ausschuss für Sachsen. In ihm arbeiteten die Gruppierungen Bekennende Kirche, der kirchlichen Mitte und die Deutschen Christen leitend zusammen. Deutsche Christen-Bischof Coch wurde praktisch entmachtet. Die sechs vom Dienst entlassenen Superintendenten wurden wieder eingesetzt. Im Advent 1935 hielt Domprediger Arndt von Kirchbach wieder Gottesdienst in der voll besetzten Sophienkirche. Er wirkte weit über die direkten kirchlichen Kontakte hinaus und hatte seit Jahren Verbindungen zu Offizieren und ihren Familien. General Friedrich Olbricht besuchte häufig seine Gottesdienste und Bibelstunden, als er in Dresden stationiert war. Er wurde nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wegen Teilnahme am Staatsstreichversuch erschossen. Es bestanden auch Kontakte zu Generalmajor Hans Oster, der als Mitverschwörer am 9. April 1945 gemeinsam mit Dietrich Bonhoeffer in Flossenbürg erhängt wurde.

Gewaltsames Ende des Landeskirchenausschusses und erneute Übernahme der Führung durch Deutsche Christen

Ab August 1937 wurde die Tätigkeit des Landeskirchenausschusses mit Rückendeckung des sächsischen Gauleiters, Ministerpräsident Martin Mutschmann, gewaltsam beendet. Ein juristischer Mitarbeiter des Landeskirchenamtes, Mitglied der NSDAP und fanatischer Antisemit, Johannes Klotzsche, vertrieb mit einem Handstreich den Landeskirchenausschuss und übernahm die Leitung der Landeskirche. Wer sich dem deutsch-christlichen Kirchenregiment widersetzte, wurde als Staatsfeind diffamiert, bekämpft und inhaftiert.

Arndt von Kirchbach, den der Landeskirchenausschuss 1936 zum Superintendenten von Freiberg bestimmt hatte, wurde abgelöst. Es folgte ein Dienststrafverfahren zur Dienstentlassung und das Verbot jeglicher Wirksamkeit als Pfarrer. 1939 wurde er als Wehrmachtspfarrer eingezogen.

Am 13.Februar 1945

kehrte der Krieg nach Dresden zurück. Die Toten und Ruinen machten vielen sichtbar, wohin die Selbstvergötterung von Menschen und diktatorische Systeme führen. Für sie bewahrheitete sich die biblische Weisheit, dass jede Macht, die sich auf Unrecht gründet, den Keim eigener Vernichtung in sich trägt.

Die Ruine der Sophienkirche erinnerte mit ihrem Namen bis 1962 an die „himmlische Weisheit“ (Sophia), verantwortlich vor Gott und den Menschen zu leben, von eigenen Grenzen und der Begrenztheit des Lebens zu wissen. Die an ihrer Stelle entstandene Gedenkstätte ist ein DenkRaum für Lebensweisheit in der Vergangenheit und für die Gegenwart.

Aktiver Widerstand gegen das Regime aus der Kraft des Glaubens an die biblische Botschaft

Auch der Wilsdruffer Pfarrer Paul Richter, Mitglied der Bekennenden Kirche, stand wegen seiner konsequenten Haltung aus Glaubens- und Gewissensgründen unter permanenter Beobachtung. Im August 1941 besuchte er die Kriegerwitwe eines Lehrers, der als Hauptmann in Frankreich Selbstmord begangen hatte, weil er für den Tod von sieben Soldaten verantwortlich war. Die Witwe verstand das seelsorgerliche Gespräch als Angriff auf die Soldatenehre und denunzierte Pfarrer Richter. Im Oktober musste er zum Verhör in die Polizeibehörde Dresden. Er wurde verhaftet, weil „er der Front in den Rücken gefallen sei“ und im März 1942 in das Konzentrationslager Dachau verbracht. Am 13. August 1942 starb er dort an Hungertyphus. Ein Blechbehältnis mit der Asche und seine Bibel wurden seiner Frau überbracht mit dem zynischen Hinweis: „Wenn ihr Theater macht, kommt ihr auch dorthin!“

Die Bekennende Kirche bildete keine einheitliche Opposition gegen Hitler und das nationalsozialistische System, aber sie leistete intensiven Widerstand gegen die nationalsozialistische Ideologie. Es ist zu beklagen, dass nur wenige laut und deutlich der Judenverfolgung, dem Massenmord in Konzentrationslagern und dem totalen Krieg widersprachen.

Neue Hoffnungen

Am 8. Mai 1945 kapitulierte Deutschland bedingungslos. Der Alliierte Kontrollrat der Siegermächte setzte sich für eine neue antifaschistische und demokratische Ordnung ein.

In der Sowjetischen Besatzungszone gab es viele Menschen, die trotz Angst und Furcht, trotz Hunger und Not, mit großem persönlichem Einsatz mit der Enttrümmerung begannen und sich am Wiederaufbau und an der Demokratisierung beteiligten. Sie erlebten aber auch den erneuten Missbrauch von Macht, wenn sie Unrecht kritisierten. Viele erhielten hohe Zuchthausstrafen, manche erlitten sogar den Tod.

Horst von Einsiedel, in Dresden geboren, hatte sich als Wirtschaftsfachmann für freie Gewissensentscheidung und Selbstverantwortung schon vor 1945 in dem oppositionellen Kreisauer Kreis eingesetzt. Nach Kriegsende wirkte er im Berliner Senat und später bei der Zentralverwaltung für Industrieplanung in der Sowjetischen Besatzungszone. Er wurde im Oktober 1945 verhaftet und als amerikanischer Spion vom sowjetischen Geheimdienst angeklagt. Er starb an Hungertyphus am 1.2.1947 im sowjetischen Speziallager Sachsenhausen.

Werner Ihmels, Enkel des ersten Landesbischofs, Student der Theologie in Leipzig, setzte sich für Glaubensfreiheit und politische Verantwortung ein, wurde Mitglied der FDJ und in deren Zentralrat in Sachsen gewählt. Öffentlich wandte er sich gegen Behinderungen kirchlicher Jugendarbeit und willkürliche Verhaftungen. Deswegen wurde er 1947, als 21 Jähriger, vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet und vom sowjetischen Militärtribunal in Dresden am Münchner Platz wegen Spionage zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Er starb am 25. Juni 1949 infolge der katastrophalen Haftbedingungen im Sonderlager IV Bautzen an Lungentuberkulose.

Die Stuttgarter Schulderklärung

Am 19./20. Oktober 1945 verabschiedete der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland die „Stuttgarter Schulderklärung“. Vor den Vertretern des Ökumenischen Rates der Kirchen bekannte sich die Kirche zu ihrer Mitverantwortung an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Anstelle des Geistes der Vergeltung und Gewalt bat sie um Vergebung und verpflichtete sich zu einem Neuanfang im Geist des Friedens und der Versöhnung:

„Wir wissen uns mit unserem Volk nicht nur in einer großen Gemeinschaft der Leiden, sondern auch in einer Solidarität der Schuld. Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was unsere Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt haben. Wir hoffen zu Gott, dass durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen dem Geist der Gewalt und der Vergeltung, der heute von neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.“

Die Zerstörung

Am Fastnachtsdienstag, dem 13. Februar 1945 – das Ende des 2. Weltkrieges, der von Deutschland ausging, war absehbar – zeigte sich Dresden als eine völlig unzerstörte Stadt. Als man das Zentrum der Stadt am 15. Februar wieder betreten konnte, fand man hier nichts mehr, fünf Kilometer von Ost nach West, drei Kilometer von Nord nach Süd – kein bewohnbares Haus. Allein 25 Kirchen …

Prof. Gerhard Glaser

Die Zerstörung

Am Fastnachtsdienstag, dem 13. Februar 1945 – das Ende des 2. Weltkrieges, der von Deutschland ausging, war absehbar – war Dresden eine größtenteils unzerstörte Stadt. Als man das Zentrum der Stadt am 15. Februar wieder betreten konnte, fand man hier nichts mehr, fünf Kilometer von Ost nach West, drei Kilometer von Nord nach Süd – kein bewohnbares Haus. Allein 25 Kirchen waren verbrannt. Zur Sophienkirche, der ältesten von ihnen, heißt es in einem Aktenvermerk vom 11. März 1945: „Die Einmauerung der Kunstwerke hat sich bewährt. Der Hauptaltar von Nosseni ist nur gering beschädigt. In den Heizungsgängen haben sich alle eingelagerten Bilder erhalten. Auch der Glockenstuhl mit einer Glocke ist erhalten.“

Dr. Hubert Ermisch schreibt namens der Hochbauverwaltung am 21. März: „Sophienkirche (Ev. Domkirche). Ausgebrannt. In beiden Schiffen je ein Gewölbejoch eingestürzt, die übrigen mehrfach durchlöchert. Die Säulen noch tragfähig. Die neugotischen Seitenanbauten fast ganz erhalten, ebenso die neugotischen Türme (bei einem fehlt der Helm). . . .“

So war es selbstverständlich, dass in der 1. Bergungs- und Wiederaufbausitzung der Provisorischen Landesverwaltung Sachsen am 4. August 1945 die Sophienkirche und das Schloss gemeinsam im Blick auf einen späteren Wiederaufbau als Bergungsorte ausgewiesen wurden.

Der Kampf um die Ruine

Das Schicksal der Ruine nimmt seinen Lauf mit dem Einsturz der Gewölbe am 28. Februar 1946. Das Landesamt für Denkmalpflege konzentrierte sich von nun an auf die Bergung aller dort noch befindlichen Kunstwerke. Im Zuge der Wiederaufbauplanung der Stadt und der damit verbundenen städtebaulich-architektonischen Wettbewerbe ist die Bewahrung des Baues, …

Der Kampf um die Ruine

Das Schicksal der Ruine nimmt seinen Lauf mit dem Einsturz der Gewölbe am 28. Februar 1946. Das Landesamt für Denkmalpflege konzentrierte sich von nun an auf die Bergung aller dort noch befindlichen Kunstwerke. Im Zuge der Wiederaufbauplanung der Stadt und der damit verbundenen städtebaulich-architektonischen Wettbewerbe ist die Bewahrung des Baues, der ja als Domkirche über keine Territorialgemeinde verfügte, ab 1948 ständig umstritten.

Damals führende Architekten in Deutschland und Europa wie Hanns Hopp oder Mart Stam schlugen den Aufbau einer ganz neuen modernen Stadt auf dem zerstörten Grunde vor, folgend den Ideen des berühmten französischen Architekten Le Corbusier. Die örtliche Stadtplanung tendierte eher dazu, wenigstens die Grundstrukturen des total zerstörten Stadtzentrums zu bewahren.

Die neuen Träger der politischen Macht im östlichen Teil Deutschlands, der zur Deutschen Demokratischen Republik proklamiert worden war, verfolgten grundsätzlich eine antikirchliche Politik aus der Grundüberzeugung, Religion sei Opium für das Volk (Karl Marx). So brachte sich Walter Ulbricht, 1. Sekretär des Zentralkomitees der SED und damit de facto erster Mann im Staate, persönlich in die Diskussion zum Wiederaufbau Dresdens ein. In einer Sitzung der Stadtleitung der SED am 11. August 1956 in Dresden führte er zur Sophienkirche unter anderem aus:

„Soll man doch hier entscheiden, ob dieser Trümmerhaufen wiederaufgebaut werden soll. (Zwischenruf: Es ist eine sehr alte Kirche). Was heißt hier älteste Kirche. Ob sie alt ist oder jung ist – die Frage ist, ob sie dort notwendig ist! . . .“

Das Schicksal der Sophienkirche wurde de facto an diesem Tage entschieden. Dennoch wurde unermüdlich weitere sechs Jahre darum gekämpft, dieses Schicksal doch noch zu verhindern.

Der letzte Aufruf

Die Dekane der Fakultäten Architektur und Bauingenieurwesen der Technischen Hochschule Dresden wandten sich 1961 an den Rat der Stadt, die Sächsische Akademie der Wissenschaften im gleichen Jahre an Ministerpräsident Otto Grotewohl; der Generalkonservator der DDR, Dr. Ludwig Deiters, stand in ständigem Kontakt zum Minister für Kultur. Die Arbeitsstelle Dresden des …

Der letzte Aufruf

Die Dekane der Fakultäten Architektur und Bauingenieurwesen der Technischen Hochschule Dresden wandten sich 1961 an den Rat der Stadt, die Sächsische Akademie der Wissenschaften im gleichen Jahre an Ministerpräsident Otto Grotewohl; der Generalkonservator der DDR, Dr. Ludwig Deiters, stand in ständigem Kontakt zum Minister für Kultur. Die Arbeitsstelle Dresden des Instituts für Denkmalpflege (bis 1949 und heute wieder Landesamt für Denkmalpflege Sachsen) unterbreitete Vorschläge zur profanen Nutzung, gegebenenfalls die Kirche ohne Türme oder auch nur als Teilruine zu erhalten, um den historischen Ort anschaulich zu bewahren. Aber selbst der Appell von Dr. Johannes Dieckmann, dem Präsidenten der Volkskammer der DDR, der obersten Volksvertretung, hatte keinen Erfolg. In einer Sitzung des Rates der Stadt Dresden am 6. Juni 1962 wurde unter Druck der SED-Stadtleitung der Abbruch zur Schaffung der Baufreiheit für eine Großgaststätte endgültig bekräftigt. Entsprechende technische Vorbereitungsmaßnahmen wurden eingeleitet. Vier junge Architekten, die ihr Berufsleben gerade begonnen hatten, Claudia Schrader, Gerhard Glaser, Hermann Krüger und Jürgen Schieferdecker, unternahmen einen letzten Versuch, das zu verhindern mit einem öffentlichen Aufruf, der an viele prominente Dresdner versandt und als Flugblatt im Stadtzentrum verbreitet wurde. Sie wurden am 5. Juli 1962 von Mitarbeitern der Staatssicherheit in Gewahrsam genommen und einen Tag und eine Nacht intensiv nach Hintermännern befragt. Aber diese gab es nicht. Sie hatten in eigener Verantwortung gehandelt. Mit Mühe konnte der Generalkonservator erreichen, dass die noch in der Ruine befindlichen Kunstwerke, wichtige Architekturfragmente und auch Grabbeigaben geborgen werden konnten. Dies geschah unter der Leitung der Dresdner Denkmalpfleger Rudolf Zießler und Dr. Heinrich Magirius.

Am 1. Mai 1963, dem „Kampftag der Arbeiterklasse“, war das „Kampfziel“, Baufreiheit für die „Großgaststätte am Zwinger“ zu schaffen, erreicht. 25 Jahre danach war die älteste Kirche der Stadt aus dem öffentlichen Bewusstsein entschwunden.

Die Entstehung der Gedenkstätte

Erste Aktivitäten nach 1989

Nach der „Friedlichen Revolution“ im Jahre 1989 stand im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des SED-Unrechts auch das Schicksal der Sophienkirche sehr bald zur Diskussion. Bereits während des Wiederaufbaus des Taschenbergpalais in den Jahren 1991–1995 zu einem Hotel, …

Die Entstehung der Gedenkstätte

Erste Aktivitäten nach 1989

Nach der Friedlichen Revolution im Jahre 1989 stand im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des SED-Unrechts auch das Schicksal der Sophienkirche sehr bald zur Diskussion. Bereits während des Wiederaufbaus des Taschenbergpalais in den Jahren 1991–1995 zu einem Hotel, zu dem ursprünglich auch ein südlich angrenzender Neubau gehören sollte, folgte der Investor, Advanta Management AG Frankfurt/Main, 1993 dem Vorschlag des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, in den Freiflächen nördlich und südlich dieses Baues den Grundriss der Sophienkirche kenntlich zu machen. Dies geschah 1998/99 durch eine entsprechende Einpflasterung aus roten Granitsteinen. Am 10. Februar 1994 folgte der Rat der Stadt Dresden dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Dunsch, Hermann Henke, Dietmar Kretschmar und Walter Tempel, den historischen Ort der ältesten Kirche der Stadt, deren Brandruine politischer Willkür zum Opfer gefallen war, anschaulich zu gestalten. Am 25. Oktober 1995 wurde dazu ein sachsenweiter Wettbewerb unter Architekten und Bildenden Künstlern ausgelobt. Aus ihm gingen das Architekturbüro Gustavs und Lungwitz (Anett Löwe, Torsten Gustavs, Siegmar Lungwitz) als Sieger hervor. Ihr Entwurf zeichnete sich aus durch die abstrahierte Darstellung der fünf südlichen Strebepfeiler der gotischen Hallenkirche und die abstrahierte Wiederherstellung der südlich an den Chor einst angebauten Grabkapelle der Ratsherrenfamilie Busmann. Dort wurden die wenigen Architekturteile, die 1962/63 geborgen werden konnten, eingefügt. Die bauliche Realisierung des Architekten-Vorschlags war zunächst aus Geldern der Städtebauförderung der Bundesrepublik vorgesehen, erfüllte sich infolge zwischenzeitlicher Änderung der Förderrichtlinien aber nicht.

Bürgerschaftliches Engagement

Die Sehnsucht, die Sophienkirche nicht dem Vergessen preiszugeben, war der Motor für eine sich formierende Gruppe, und am 17. Oktober 1997 rief Hilde Herrmann, eine der letzten Sängerinnen des Sophienkirchenchores, in der Dreikönigskirche zur aktiven Umsetzung des Entwurfes vom Architekturbüro Gustavs und Lungwitz auf. Daraufhin gründete sich am 31. Januar 1998 im „Bacchus Keller“ im Hause Altenberger Straße 18, in Dresden-Striesen die Gesellschaft zur Förderung einer Gedenkstätte für die Sophienkirche e. V.. Unter dem Vorsitz von Hilde Herrmann trug sie wesentlich dazu bei, dass die Stadt Dresden ihren 1994 gefassten Beschluss umzusetzen begann. Am 26. Februar 2002 sprach sich die 1999 gegründete Bürgerstiftung Dresden für eine Mitwirkung bei der Errichtung der Gedenkstätte aus. Sie beschloss am 27. November 2007 im Auftrag der Landeshauptstadt Dresden die Bauherrschaft wahrzunehmen, was schließlich im Rahmen eines 2011 übertragenen Erbbaurechtes auf 30 Jahre geschah. Die Bürgerstiftung arbeitete eng mit der Fördergesellschaft zusammen, die 1999 25 Mitglieder und im Jahre 2019 85 Mitglieder umfasste. Unter dem Vorsitz des Physikers Dr. Peter W. Schumann (2007–2019) sah sie ihre Aufgabe neben der Einwerbung von Spenden vor allem darin, die Schaffung des Gedenkortes in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Neben den Jahreskalendern und Jahresberichten (seit 2001) geschieht dies besonders auch durch die „Blätter zur Geschichte der Sophienkirche Dresden“.

Die langen Jahre der Errichtung

Die Finanzierung des Neubaus erfolgte durch den Freistaat Sachsen aus dem Haushalt in Verbindung mit Geldern aus dem Mauerfonds und dem PMO-Vermögen (aus dem ins Ausland verbrachten Vermögen der Partei- und Massenorganisationen der DDR) seitens der Bundesrepublik Deutschland (ca. 3.380 T €). Weiterhin half die Landeshauptstadt Dresden (810 T €), die Bürgerstiftung Dresden einschließlich direkter privater Spenden (ca. 370 T €) und die Evangelische-Lutherische Landeskirche Sachsens (ca. 350 T €). Die Fördergesellschaft mit über 1000 Einzelspenden von Privatpersonen deutschlandweit, übernahm den größten Teil der ideellen Aufbauarbeit (ca. 270 T €). Private Stiftungen spendeten großzügig (ca. 59 T €).

Da eine kontinuierliche Finanzierung nicht möglich war, wurde das Gesamtvorhaben in unterschiedlich große Bauabschnitte unterteilt.

Bauabschnitt 1, 2008–2010
Sockelbauwerk, abstrahierte Stützpfeiler,
Ver- und Entsorgungsleitungen

Bauabschnitt 2, 2011–2012
Abstrahierte Busmannkapelle einschließlich
Einbau der geborgenen Architekturteile

Bauabschnitt 3.1, 2015–2016
Dach und Fassaden des Glaskubus, Empore, Wendeltreppe, Ausstellungsplattform

Bauabschnitt 3.2.1, 2017–2019
Innerer Ausbau und haustechnische Anlagen oberer Bereich

Bauabschnitt 3.2.2, 2019–2020
Innerer Ausbau und haustechnische Anlagen unterer Bereich.

Am 12. November 2008 wurde die Baugenehmigung erteilt, am 19. Januar 2010 der Grundstein im Sockelbauwerk gelegt und am 9. Oktober 2020 der fertig gestellte Bau zur öffentlichen Nutzung übergeben. Für die Entwurfs- und Ausführungsplanung sowie Bauüberwachung waren von 2008 bis 2016 Siegmar Lungwitz und von 2017 bis 2020 Michael Athenstaedt verantwortlich. Die statischen Berechnungen und Konstruktionsunterlagen fertigte das „Büro für Baukonstruktionen Dresden GmbH“ an, die Planung der gesamten Haustechnik oblag dem Büro „Innius Gebäudetechnik Dresden GmbH“. Die sich selbst tragende gläserne Einhausung nach der Statik- und Fassadenplanung von „GlasfaktorIngenieure GmbH“ aus Dresden besteht aus 3,05 m breiten und 4,39 m hohen doppelscheibigen Glastafeln, getragen von 0,65 m tiefen nach innen in den Raum einspringenden dreiteiligen vertikalen Glasschwertern, was eine besondere ingenieurtechnische Leistung darstellt.

Die Gedenkstätte – ein Ort aktiver Friedensarbeit

Noch vor Fertigstellung des Baues wurde der Gedenkstätte am 12. Februar 2019 vom Bischof von Coventry, Dr. Christopher Cocksworth, aus Anlass der 60-jährigen Städtepartnerschaft Dresden-Coventry ein Nagelkreuz verliehen.

Nach der Vernichtung der Stadt Coventry durch deutsche Bomber am 14. November 1940 hatte der damalige Dompropst Richard Howard in seiner Weihnachtspredigt in den Ruinen der Kathedrale zur Versöhnung mit Deutschland aufgerufen und aus Nägeln des verbrannten Dachgebälks ein Kreuz gelegt. In diesem Sinne soll die Gedenkstätte heute ein DenkRaum sein, gewidmet aktiver Friedensarbeit in Erinnerung an die älteste Kirche der Stadt Dresden und in Erinnerung an den Missbrauch politischer Macht. Weltweit gibt es inzwischen 235 Nagelkreuzzentren, die sich internationaler Friedens- und Versöhnungsarbeit verpflichtet fühlen. In Dresden sind es aufgrund der besonderen Verbundenheit mit Coventry nun fünf, die Diakonissenanstalt (1965), die Kreuzkirche (1986), die Frauenkirche (2005), die Schifferkirche „Maria am Wasser“ (2006) und der DenkRaum Sophienkirche (2019).

Links neben dem Nagelkreuz steht die Christus-Figur vom Grabmal des Architekten und Bildhauers Giovanni Maria Nosseni († 1620), die bis 1945 in der Sophienkirche stand. Kriegsbedingt wurde sie jedoch in die Frauenkirche ausgelagert, wo sie beim Wiederaufbau geborgen und schließlich restauriert wurde. Im originalen Sockel war zu lesen:

„Christus, um unserer Missetat verwundet, und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
(Prophet Jesaja im Alten Testament der Bibel, Kapitel 53, Vers 5).

Die Glocke vor dem Zugang zur Busmannkapelle, 1480 von Heinrich Kannegießer für die Kirche des Franziskanerklosters in Dresden gegossen (bis 1946 im Südturm der Kirche), schlägt zu jeder Stunde und ermutigt, für den Frieden zu wirken. Dies bringen auch die gleichzeitig aufleuchtenden Friedensbitten der UNO zum Ausdruck, die auf dem Friedensgebet von Coventry 1940 beruhen:

„Führe uns vom Tod zum Leben, von der Unwahrheit zur Wahrheit; Führe uns von der Verzweiflung zur Hoffnung, von der Angst zum Vertrauen; Führe uns vom Hass zur Liebe, vom Krieg zum Frieden. Lass Frieden erfüllen unser Herz, unsere Welt und das ganze Universum.“